Neue Ideen für das Tempelhofer Feld: Aus 164 Entwürfen blieben sechs zukunftsweisende Konzepte übrig. Die Bandbreite reicht von urbaner Wildnis bis zur Randbebauung mit Wohnungen – und sorgt für neue Dynamik in der Debatte um die Zukunft des ehemaligen Flugfeldes. Am Montagmorgen stellte der Berliner Senat die ausgewählten Konzepte vor.

Großes Medieninteresse bei der Präsentation der sechs ausgewählten Ideen zur Weiterentwicklung des Tempelhofer Felds im Berliner Zentrum. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT
© Visualisierung Titelbild: Schønherr, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

 

Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt und Bausenator Christian Gaebler hatten am Montagmorgen in den Otto-Suhr-Saal an der Parochialstraße in Berlin-Mitte geladen, um die Ergebnisse des Ideenwettbewerbs zu einer möglichen Umgestaltung des Tempelhofer Feldes zu präsentieren.

Zahlreiche Medienvertreter waren der Einladung gefolgt und besichtigten die ausgestellten Entwürfe, die reihum im Saal aufgestellt waren – sechs an der Zahl.

Gaebler und Kahlfeldt präsentierten die sechs ausgewählten Entwürfe zum Tempelhofer Feld

Stadtentwicklungssenator Gaebler eröffnete die Pressekonferenz und zeigte sich sichtlich erfreut über die eingereichten Vorschläge.

Allen Zweiflern, die keine Veränderung wollten, werde hier gezeigt, dass durch bauliche Anpassungen sehr wohl positive Veränderungen auf dem Tempelhofer Feld möglich seien, so Gaebler.  Er dankte ausdrücklich auch nochmal den Teilnehmern der Dialogwerkstatt, die als Ergebnis ihrer Workshops eine Randbebauung mit Wohnungen ja mehrheitlich abgelehnt hatten.

Das Preisgericht wählte aus 20 Entwürfen 6 Konzepte für die nächste Runde aus

Doch damit wollten sich Kahlfeldt und Gaebler an diesem sonnigen Montagmorgen nicht auseinandersetzen. Vielmehr sollte es um die Entwürfe gehen, die am Freitag und Samstag durch das Preisgericht diskutiert worden waren.

Gaebler betonte, dass die Vorschläge vor allem gemeinschaftlich diskutiert werden sollten – und nicht in einem anhaltenden „Gegeneinander“ – so war der Stadtentwicklungssenator dafür, die Vorschläge offen und ohne Vorbehalte wirken zu lassen und zu diskutieren – und sie nicht pauschal abzulehnen.

Dritte und letzte Dialogwerkstatt zum Tempelhofer Feld soll im September stattfinden

Ähnlich äußerte sich Petra Kahlfeldt, die noch einmal betonte, dass die Dialogwerkstätten ein wichtiger Bestandteil des gesamten Prozesses seien – und dass nach zwei durchgeführten Werkstätten noch eine weitere folgen werde, auf Basis der nun gekürten Entwürfe. Diese dritte Dialogwerkstatt soll im September durchgeführt werden.

Kahlfeldt betonte, dass es nach der ersten Wettbewerbsphase nicht fünf, sondern sechs Entwürfe in die nächste Phase geschafft hatten, da die Zahl der starken Entwürfe so groß gewesen sei. Ursprünglich war vorgesehen, dass nur fünf Entwürfe in die nächste Runde einziehen sollten.

Tempelhofer Feld: Aus 164 eingereichten Entwürfen sind nun 6 übrig geblieben

Ursprünglich waren 164 Arbeiten eingereicht worden, aus denen dann 20 Entwürfe ausgewählt wurden, die am Freitag und Samstag im Otto-Suhr-Saal gesichtet, erörtert und bewertet wurden.

Nun sind sechs Entwürfe übriggeblieben, die von Prof. Dr. Iris Reuther, Vorsitzende des Preisgerichts, vorgestellt wurden. Sie betonte, dass die Entscheidungen allesamt einstimmig gefällt worden seien, was bei der Komplexität des Themas eher ungewöhnlich sei.

Unterschiedliche Entwürfe: Randbebauung und Landschaftsentwicklung konkurrieren

Zwei der gekürten Arbeiten haben das Tempelhofer Feld als Naturraum weiterentwickelt, zwei haben das Thema Randbebauung mit Wohnungen in ihre Konzepte einfließen lassen – und zwei Entwürfe lagen letztlich zwischen diesen beiden Extremen. Alle sechs Entwürfe wurden von Iris Reuther ausführlich vorgestellt:

Bestand stärken, Vielfalt fördern: Sanfte Transformation durch Nutzung des Vorhandenen

© Some Place Studio

Some Place Studio aus Berlin setzt auf den Erhalt und die Weiternutzung der bestehenden Bausubstanz – einschließlich des historischen Flughafengebäudes. Geplant sind neue Nutzungen wie eine Gärtnerei, eine Samenbank und Angebote für schulische Exkursionen. Das Konzept ergänzt die vorhandene Struktur durch gezielte Bepflanzung mit Bäumen und setzt auf eine nachhaltige, kleinteilige Weiterentwicklung im Sinne der ökologischen und sozialen Vielfalt.

Tempelhofer Atem: Klimaanpassung durch neue Natur- und Wohnräume

© Schønherr

Das Kopenhagener Büro Schønherr entwickelt ein Konzept, das auf ökologischen Umbau und Wohnraumschaffung zugleich setzt. Entlang des Tempelhofer Damms und im Süden sollen neue Wohnungen entstehen, ergänzt durch eine neue S-Bahn-Station. Klimaanpassung spielt eine zentrale Rolle: Neue Baum- und Waldstrukturen, zusätzliche Feuchtflächen sowie eine angepasste Wegeführung sollen die Aufenthaltsqualität erhöhen. Mit genossenschaftlichen Bauformen und Lärmschutzkonzepten will man zudem innovatives und sozial orientiertes Wohnen ermöglichen.

Build it Green! Der Park des 21. Jahrhunderts

© bbz landschaftsarchitekten berlin

Das Büro bbz landschaftsarchitekten berlin gmbH entwirft mit dem „Park des 21. Jahrhunderts“ eine grüne Vision für das Tempelhofer Feld. Ein umlaufender Waldsaum soll das bestehende offene Feld rahmen, wobei unterschiedliche Zonen für Sport, Erholung und Naturerfahrung vorgesehen sind. Das innere Feld bleibt weitgehend unangetastet, während neue Sportanlagen die angrenzenden Quartiere stärker mit dem Park verbinden sollen. Die vielfältigen Nutzungen stärken den Park als urbanes Bindeglied.

Stadtlichtung: Räume der Vielfalt durch fünf Haine

© Franz Reschke Landschaftsarchitektur

Franz Reschke Landschaftsarchitektur setzt auf fünf thematische Waldhaine, die das Tempelhofer Feld in strukturierte, aber naturnahe Räume gliedern. Geplant sind ein Sporthain im Süden, ein Naturhain im Südwesten sowie ein Gartenhain am Tempelhofer Damm, der fließend in das Flughafenvorfeld übergeht. Ergänzt wird das Konzept durch offene Wiesenbalkone und ein Regenrückhaltebecken. Begegnung, Aufenthalt und Nutzung stehen im Zentrum dieser atmosphärisch gestalteten Landschaft.

Seilziehn: Neue Knotenpunkte für Mobilität und Wohnen

© De Zwarte Hond / Grieger Harzer Dvorak Landschaftsarchitekten

De Zwarte Hond und Grieger Harzer Dvorak Landschaftsarchitekten schlagen vor, am südwestlichen Rand des Tempelhofer Feldes neue Wohnungen zu errichten. Ergänzt wird der Entwurf durch eine neue S-Bahn-Station im Süden des Feldes, die das Areal besser an das öffentliche Verkehrsnetz anbinden soll. Die Verbindung von Mobilität und neuer Randbebauung schafft Impulse für eine behutsame Weiterentwicklung am Feldrand.

übe-räume für stadttransformation tempelhof 2050: Visionäres Feld für Kultur, Alltag und Utopie

© Raumlabor

Das Berliner Kollektiv Raumlabor entwickelt mit Klaus Overmeyer ein Konzept für eine langfristige, kulturell geprägte Transformation des Feldes bis zum Jahr 2050. Das Areal soll zu einem offenen Experimentierfeld für Bildung, Kultur, Gastronomie, Sport und ein Sommerbad werden. Der bestehende Zaun soll verschwinden, zugunsten einer frei zugänglichen Fläche mit kreativen, nicht standardisierten Bauten. Die Vision verbindet soziale Teilhabe mit mutiger räumlicher Zukunftsplanung.

Flughafengelände Tempelhof: Soll der Zaun um das Feld abgebaut werden?

Mehrere Entwürfe haben übrigens den Abbau des Zauns vorgeschlagen, Christian Gaebler  – bislang ein Anhänger des bestehenden Zauns – betonte, dass ein Zaun um das Feld abhängig vom letztlich gewählten Entwurf als Schutz vor Vandalismus weiter Sinn machen könnte – es aber kein Muss wäre.

Iris Reuther betonte, dass eine mögliche Randbebauung in den gewählten Entwürfen nur am Tempelhofer Damm vorgesehen sei, nicht aber auf der Neuköllner Seite, wo die angrenzenden Quartiere bereits dicht bebaut seien.

Konzepte für das Tempelhofer Feld: Neue Wohnungen würden nur am südlichen Rand entstehen

Keines der sechs ausgewählten Konzepte sieht eine Wohnbebauung an dieser östlichen Seite des Tempelhofer Feldes vor, die an den Neuköllner Schillerkiez grenzt. Mögliche Wohnungen, sofern sich der Berliner Senat für dieses Konzept ausspricht, würden also nur im Süden des Feldes entstehen.

Die geplanten Wohnungen würden, so eine grobe Aussage der Jury, wohl im „üblichen Berliner Maßstab“ entstehen, wie Reuther verdeutlichte – also nicht im Hochhausformat. Eine konkrete Zahl an geplanten Wohnungen gibt es noch nicht, aber die Zahl würde wohl im niedrigen vierstelligen Bereich liegen.

Im September sollen die 6 Entwürfe in der Dialogwerkstatt diskutiert werden

Gaebler und Kahlfeldt erläuterten auch die nächsten Schritte: Im September werden die sechs Konzepte im Rahmen der Bürgerdialoge noch einmal diskutiert und anschließend öffentlich ausgestellt – allerdings wird es dann keine Abstimmung über den besten Entwurf geben.

Anschließend sollen die Ergebnisse des gesamten Prozesses an das Berliner Abgeordnetenhaus gegeben werden. Wie die folgenden Schritte dann sein werden, soll im Parlament diskutiert werden. Gaeblers Wunsch ist es, dass es dann weitere konkrete Schritte im Werdungs- und Umsetzungsprozess geben wird.

Tempelhofer Feld: Gaebler wünscht sich eine Diskussion frei von ideologischen Vorgaben

Dabei betonte er noch einmal die Wichtigkeit, die nun vorliegenden Ideen frei von ideologischen Schablonen zu diskutieren und mögliche Denkanstöße zuzulassen – allerdings könne Gaebler nach eigener Aussage nicht vorwegnehmen, wie diese und mögliche kommende Regierungskoalitionen mit dem Thema umgehen werden.

Rund drei Millionen Euro lässt sich der Berliner Senat das Verfahren bis dahin kosten – und Christian Gaebler betonte noch einmal, dass dieses Geld auch gut investiert sei, da das Tempelhofer Feld ein wichtiges Thema für die Stadtgesellschaft sei.

3 Mio. Euro investiert Berlin in den Ideenwettbewerb für den ehemaligen Flughafen Tempelhof

Gaebler betonte abschließend, dass sich im September entscheiden werde, ob die weiteren Schritte noch im Rahmen der aktuellen Legislaturperiode angegangen werden, oder erst nach der nächsten Abgeordnetenhauswahl.

Wirklichen Einfluss habe er, so betonte es der Stadtentwicklungssenator, darauf nicht. Er sieht seine Aufgabe damit getan, dem Berliner Landesparlament sowie der Regierungskoalition mögliche Entwicklungskonzepte vorzulegen, damit diese über mögliche weitere Schritte entscheiden können.

Neue Ideen für das Tempelhofer Feld: Viel Freiraumentwicklung, zurückhaltende Wohnkonzepte

Die nun vorliegenden Konzepte nehmen sich dem Freiraum vorwiegend behutsam und zurückhaltend an, auch die zwei Konzepte, die eine Randbebauung beinhalten, platzieren die möglichen Wohngebäude wenig dominant, sondern unaufgeregt und sachlich am Tempelhofer Damm.

Was alle Konzepte letztlich eint, ist die vielfältige und kreative Weiterentwicklung der bestehenden Grünflächen, durch zusätzliche Baum- und Waldflächen, weitere Nutzungsangebote und ein verbessertes Wassermanagement, welches das Feld – schon jetzt wieder ausgedörrt durch die anhaltende Trockenheit und Hitze – wohl gut gebrauchen könnte. So überrascht es nicht, dass auch ein Regenrückhaltebecken in eines der Konzepte integriert worden ist.

Wie realistisch ist eine Umsetzung eines der gezeigten Konzepte?

Ob diese oder kommende Berliner Landesregierungen die Kraft und Empathie aufbringen werden, eine Umgestaltung des Tempelhofer Feldes tatsächlich anzugehen, bleibt an diesem Montagmorgen genauso offen wie die Frage, welches der vorliegenden Konzepte eigentlich Christian Gaebler favorisiert – und was das ganze eigentlich kosten würde.

Dass Gaebler ein Anhänger der Randbebauung mit Wohnungen ist, ist allerdings kein Geheimnis. Ob dies auf den weiteren Verlauf dieses Ideenwettbewerbs einen maßgeblichen Einfluss haben wird, ist schwer zu sagen. Genauso schwer wie die Prognose, ob der Ideenwettbewerb eines Tages tatsächlich in konkrete Baumaßnahmen überführt wird.

Petra Kahlfeldt, Christian Gaebler und Iris Reuther (v.l.) führten durch die Pressekonferenz. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Die anwesenden Journalisten diskutierten die sechs Konzepte mit den Stadtplanern und Architekten. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, bbz landschaftsarchitekten berlin gmbH, Schønherr, Some Place Studios, Franz Reschke Landschaftsarchitektur, De Zwarte Hond, Grieger Harzer Dvorak Landschaftsarchitekten, Raumlabor 

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10 Kommentare

  1. Kleine Korrektur 23. Juni 2025 at 13:29 - Reply

    Das ist nicht der Reuterkiez, sondern der Schillerkiez

    • Björn Leffler 23. Juni 2025 at 14:04 - Reply

      Danke für den Hinweis, das haben wir korrigiert :)

      • Paul Hartmann 23. Juni 2025 at 22:21 - Reply

        Ich verstehe die Debatte jetzt gar nicht. Beim Bürgerentscheid 2014 wurde klar abgestimmt und damit „beschlossen“ das dass Tempelhofer Feld, nicht bebaut werden darf!
        Warum wird jetzt darüber gesprochen, es doch zu tun?!?

        • Jens 24. Juni 2025 at 14:28 - Reply

          Wer gegen Wohnungsbau ist, sollte sich nicht über steigende Mieten beschweren. Goldene Händlerregel, Angebot und Nachfrage bestimmt den Preis! Da ich Eigentümer bin, würde ich mich persönlich über ganz ganz viel Grünflächen, Bäume und Wasser freuen.

  2. A.Tirpitz 23. Juni 2025 at 20:24 - Reply

    Wenn der Rand bebaut werden würde, wie es die Dänen hier zeigen; dann bleibt immer noch eine abartig große Fläche für Spaß, Sport und Spiel übrig… Verstehe nicht, warum man sich nicht damit zufrieden geben kann (die Riesenrestfläche) und immer das Maximale fordert…Letzteres scheint ja mittlerweile so das Grundübel unserer Gesellschaft zu sein: Bloß nicht aufeinander zugehen! Das könnte ja einen Zacken aus der Heldenkrone brechen.

    • A.Tirpitz 23. Juni 2025 at 20:27 - Reply

      Sorry, Niederländer…

  3. Max Ohnmacht 24. Juni 2025 at 07:48 - Reply

    Ich finde die Bebauungsvorschläge viel zu zaghaft. Die Stadt erstickt an hohen Mieten. Das einzige was hilft sind mehr Wohnungen. Das Problem hat sich seit 2014 derart verschärft, dass es einen neuen Volksentscheid braucht. Aber nicht mit einer niedrigen vierstelligen Zahl an Wohnungen, sonder mit deutlich mehr. Der charaktergebende Teil des Feldes im Norden und Osten blieben davon gänzlich unberührt. Die Mehrheit, die auch dagegen ist, lieber völlig überhöhte Mieten in Kauf nimmt die hebe die Hand und sage doch mal, wann sie das letzte Mal am Südrand des Feldes war.

  4. Elisabeth 24. Juni 2025 at 08:24 - Reply

    Ich finde die unterschiedlichen Vorschläge interessant. Einfach nur das Feld belassen und vertrocknen lassen finde ich schlecht. Eine Veränderung mit Randbebauung und mehr Bäumen und Versickerungsbecken scheinen mir eine gute Alternative.

  5. Achim Kurth 24. Juni 2025 at 23:25 - Reply

    Na erstmal werden wieder einmal Flüchtlinge dort untergebracht. Temporär ist für mich o.k. Ansonsten keine Randbebauung, wie es sich Wegner und Giffey wünschen. Nächstes Jahr bitte diese Koalition abwählen.

    • Max 25. Juni 2025 at 11:06 - Reply

      Temporär = 10 Jahre! Wenn in fünf Jahren Baubeginn wäre, werden die Flüchtlingsareale dann integriert?

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