Die Zukunft lässt sich bekanntlich nicht vorhersagen, beeinflussen kann man diese aber sehr wohl. Wie es in Kirchseeon im Jahr 2040 also genau aussehen wird, weiß heute niemand. In welche Richtung sich die Marktgemeinde indes entwickeln will, steht seit Kurzem fest: In einem zwölfseitigen Leitbild haben Gemeinderäte zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern strategische Ziele und Handlungsfelder zusammengefasst, die fortan als Orientierung bei politischen Entscheidungen dienen sollen. Aber auch für die Kirchseeoner Bevölkerung und mögliche Investoren kann das Papier eine Richtschnur sein, wie es in der Gemeinde weitergeht.
In dem Leitbild „Kirchseeon 2040“, wie das Dokument offiziell heißt, habe man versucht, alle Themen abzudecken, die den Ort betreffen, erklärte Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) während der jüngsten Gemeinderatssitzung, in der das Gremium den Entwurf schließlich final absegnete. Das sei ein durchaus wichtiger Schritt für die örtlichen Politiker, wie der Rathauschef betonte, denn: „An diesem Leitbild werden wir uns messen lassen.“
Seit zweieinhalb Jahren haben die Gemeinderäte in mehreren Sitzungen und Sonderworkshops an dem Strategiepapier gefeilt. Unterstützt wurden sie dabei von Experten des Äußeren Planungsverbandes München. Im Frühjahr 2023 konnten sich dann die Kirchseeoner Bürger zum bisherigen Entwurf äußern und Anregungen und Ergänzungen einbringen. Diese wurden inzwischen in das Dokument aufgenommen und nun vom Gemeinderat freigegeben.
Bestimmte Gebiete in der Gemeinde sollen nicht bebaut werden
Aber was steht denn jetzt dort eigentlich drin? Neben einer kurzen Einleitung werden dem Leser sechs Unterkategorien samt Maßnahmen präsentiert, so wird ersichtlich, wo es in den jeweiligen Feldern Handlungsbedarf gibt – oder eben nicht. Unter dem Punkt „Ortsgestaltung“ heißt es etwa, der dörfliche Charakter der kleinen Ortsteile solle bewahrt werden. Auch sollen bestimmte Bereiche von künftiger Bebauung freigehalten werden, etwa das Kirchseeoner Moos. In den Ortsmitten von Kirchseeon und Eglharting hingegen möchte die Gemeinde in den kommenden Jahren die Aufenthaltsqualität erhöhen.
Daran schließt sich recht nahtlos der Unterpunkt „Siedlungsentwicklung“ an, die laut dem Papier in behutsamem Maße vorangetrieben werden soll. „Das Wachstum konzentriert sich vor allem auf die größeren Ortsteile Kirchseeon und Eglharting“, heißt es dort. Es solle jedoch auch dort darauf geachtet werden, „Nachbarschaften und Infrastruktur nicht zu überfordern“. Um Betrieben die Ansiedlung am Ort schmackhaft zu machen, soll unter anderem verstärkt Wohnraum für qualifizierte Arbeitskräfte geschaffen werden. Einen konkreten Schritt für die künftige Siedlungsentwicklung haben die Gemeinderäte in ihrer jüngsten Sitzung bereits getan, als sie beschlossen, den Flächennutzungsplan für das Gemeindegebiet neu aufzustellen.

Bürgerentscheid:Hochzufrieden bis schwer enttäuscht
In Kirchseeon spricht sich eine klare Mehrheit gegen die Bebauung des ehemaligen Bahnschwellengeländes aus. Die Reaktionen darauf fallen sehr unterschiedlich aus. Doch die Zukunft des Areals ist weiter offen.
Das wohl größte Thema in Kirchseeon ist seit jeher aber wohl der Verkehr, dem das Leitbild deshalb einen eigenen Punkt widmet. Die Marktgemeinde solle vom motorisierten Individualverkehr entlastet werden, heißt es dort zunächst recht allgemein. Konkreter wird es etwa beim ÖPNV, der bei neuen Bauvorhaben künftig von Beginn an mitgedacht werden wird. Auch soll es künftig mehr Möglichkeiten zur Querung der B304 und der Bahnlinie geben. Besser vorankommen soll aber auch der fließende Verkehr, weshalb Parkplätze auf öffentlichen Straßen weiter eingeschränkt werden. Helfen soll dabei ein neues Parkraumkonzept, das die Gemeinde in Auftrag geben will.
Beim Thema „Soziale Infrastruktur“ sticht gleich der erste Punkt ins Auge: Das Leitbild sieht hier vor, die „Gefahrenabwehrplanung“ zu stärken. Gemeint ist damit ein besserer Schutz von kritischer Infrastruktur sowie die Optimierung von Abläufen in Krisenfällen. Ansonsten soll laut dieser Kategorie vor allem das Miteinander am Ort gefördert werden, etwa durch regelmäßige Feste oder Maßnahmen zur besseren Integration von Neubürgern. Unterstützen möchte die Gemeinde aber auch das Brauchtum und das Vereinsleben.
Kirchseeon plant, ein gemeindliches Energieversorgungswerk zu gründen
Zuletzt widmet sich das Leitbild dem Thema „Energie und Klimaschutz“. Insgesamt 220 Photovoltaikanlagen gibt es am Ort und 2018 wurde bereits 8,1 Prozent der genutzten Energie aus regenerativen Quellen gewonnen. Dennoch sieht die Gemeinde hier noch Nachholbedarf: „Oberstes Ziel muss es sein, Energie einzusparen und Ressourcen zu schonen“, heißt es im Leitbild. Deshalb will Kirchseeon nicht nur bis spätestens 2040 klimaneutral und frei von fossilen Energieträgern sein, sondern auch ein gemeindliches Energieversorgungswerk analog zum Wasserwerk gründen. Um immer auf dem aktuellen Stand zu sein, soll das bestehende Klimaschutzkonzept des Marktes kontinuierlich angepasst und aktualisiert werden.
Es sind also durchaus große Ziele, die sich Kirchseeon für die kommenden Jahre gesetzt hat – entsprechend sparte Bürgermeister Jan Paeplow nicht mit großen Worten, um die Bedeutung des Strategiepapiers zu unterstreichen: „Das Leitbild steht über allem.“

