Wer mitgestalten will, was in der Heimatgemeinde passiert, muss sich meist erst mal selbst aufraffen, sich für ein politisches Amt bewerben oder wenigstens einem Arbeitskreis beitreten. Einigen Dutzend Kirchseeonern hingegen ist das Angebot, bei der Entwicklung der Gemeinde mitzureden, einfach so ins Haus geflattert: Sie wurden für den Bürgerrat ausgewählt, der sich Gedanken über die Entwicklung der Gemeinde machen soll. Nun haben sie ihre Vorschläge präsentiert – vor allem drängen sie darauf, die Verkehrsbelastung im Ort zu reduzieren und endlich eine Lösung für die Nutzung des schadstoffbelasteten ehemaligen Bahnschwellenwerks mitten im Ort zu finden. Orientiert hat sich der Bürgerrat am Leitbild der Gemeinde für die Ortsentwicklung bis 2040.

Ortsentwicklung:Kirchseeon gestaltet seine Zukunft
Die Marktgemeinde hat in einem Strategiepapier die wichtigsten Ziele und Handlungsfelder für die kommenden Jahre zusammengefasst. Das Leitbild soll als Richtschnur für Gemeinderat, Bürgerinnen und Bürger, aber auch für mögliche Investoren dienen.
Männer und Frauen, Junge und Ältere, Bewohner aller Ortsteile sollten vertreten sein – das waren die einzigen Kriterien für die Auswahl der Namen aus dem Einwohnermelderegister. 35 Bürgerinnen und Bürger erklärten sich bereit, mitzumachen. Im Juni und Juli haben sie sich bei mehreren Treffen darüber Gedanken gemacht, wo es mit Kirchseeon hingehen soll – „hoch motiviert“ seien die Teilnehmer an ihre Aufgabe herangegangen, freut sich Bürgermeister Jan Paeplow (CSU). Die Ideen seien oft unkonventionell gewesen, abseits der „Betriebsblindheit“, die einen bisweilen befalle, wenn man sich täglich mit den Themen beschäftige, stimmt Marktbaumeister Robert König zu.
Doch eines verbindet die Laien mit den erfahrenen Gemeindepolitikern: Sie alle drängen darauf, endlich die Verkehrsprobleme in Kirchseeon zu lösen. Der Lärm der B304 nervt die Anwohner nicht nur, er ist laut Kriterien der Weltgesundheitsorganisation auch gesundheitsgefährdend. „So kann das nicht weitergehen“, unterstreicht der Bürgermeister. Dass auch der Bürgerrat diese Forderung aufgestellt habe, bestärke die Marktgemeinde, im Zuge des Bundesverkehrswegeplans 2040 erneut eine Umgehung zu fordern. Gleichzeitig müsse man auch Ideen weiterverfolgen, kurz- und mittelfristig eine Entlastung vom Verkehr zu erreichen.

Ein zweites Thema, das den Bürgerrat stark bewegt hat, ist die nach wie vor ungeklärte Zukunft des Bahnschwellenwerk-Areals in der Ortsmitte. Immer wieder sind Ideen gescheitert, wie das durch Schadstoffe stark belastete Grundstück entwickelt werden könnte. Nun wünschen sich die Kirchseeoner Bürgerinnen und Bürger einen neuen Anlauf, und bringen schon viele Vorschläge mit: bezahlbaren Wohnraum, ein bisschen Gewerbe, autarke Energiegewinnung, Parkplätze, Einrichtungen für Jugendliche, einen neuen Schulcampus und einen Kulturstadel – das alles und noch viel mehr könnten sie sich auf dem Areal vorstellen. Die Marktgemeinde sollte nach Meinung des Bürgerrats einen städtebaulichen Wettbewerb ausloten und so die Neugestaltung vorantreiben.
Ein Fiat-Cinquecento-Treffen in der Gemeinde steht auch auf der Liste
Freilich hat sich der Bürgerrat nicht nur mit diesen beiden großen Themenkomplexen befasst, auch die Situation der Jugend und der Älteren stand im Fokus, das Thema Wohnen wurde diskutiert, eine attraktivere Ortsmitte sowie mehr Grünräume stehen ebenfalls auf der Liste der Vorschläge. Auch ungewöhnliche Ideen vertraten die Bürgerinnen und Bürger – etwa die von einem künstlich beschneiten Schlittenberg in der Gemeinde. Von dem Vorschlag, ein Fiat- Cinquecento-Treffen in der Gemeinde zu organisieren, ist der Bürgermeister sehr angetan. Dadurch soll an die Zeit angeknüpft werden, als Fiat einen Standort in der Marktgemeinde hatte.
Mit den Ideen werden sich die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte erst einmal intensiv auseinandersetzen und bei einem Workshop überlegen, welche Vorschläge wann und wie umsetzbar wären. Konkrete Entscheidungen wird der Gemeinderat dann in einer öffentlichen Sitzung dazu fällen.

