Entwicklungskonferenz in Erkelenz Mona Neubaur verspricht Bürgerrat fürs Rheinische Revier

Erkelenz · Auf der Entwicklungskonferenz des Netzwerks „Revier wird Region“ sprach die NRW-Wirtschaftsministerin über den Strukturwandel und eine neue Beteiligungsform. Der Veranstalter fordert „mehr als nur Förderbescheide und Gremienbeschlüsse“ für die Region.

Mona Neubaur sprach über die Fortschritte des Strukturwandels im Rheinischen Revier.

Foto: Christos Pasvantis

Mehr bürgerschaftliche Beteiligung im Strukturwandel des Rheinischen Reviers – das ist das Ziel des Netzwerks „Revier wird Region“, das sich aus Akteuren wie Kirchengruppen, Umweltverbänden und Gewerkschaften gegründet hat. In Erkelenz trafen sich nun mehr als 100 Teilnehmer zur siebten Entwicklungskonferenz – und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) kündigte in der Tat einen Schritt zu mehr Beteiligung an.

Es soll im Rheinischen Revier in Kürze einen Bürgerrat geben. „Wir wollen ausgewählte Menschen mit Kompetenzen ausstatten und ihnen die Möglichkeit geben, den Strukturwandel eng zu begleiten. Unsere Ansicht ist, dass wir die Menschen im Wandel brauchen“, sagte Neubaur im evangelischen Gemeindezentrum.

Nach wie vor ist der Strukturwandel ein Thema, das für die meisten Menschen vor Ort kaum greifbar ist. Neubaur setzte entgegen, dass bereits jetzt viele große Unternehmen Neuansiedlungen in der Region planen. Sie nannte das Hightech-Unternehmen Quanta, Fressnapf und natürlich Microsoft als Kernprojekte. „Jetzt schon sind die Investitionen aus privater Hand höher als die zwei Milliarden Euro, die wir ausgegeben haben“, sagte Neubaur über das Rheinische Revier. Das sei ein Zeichen dafür, dass der Ansatz funktioniere.

„Die ganze Welt träumt davon, was hier gerade passiert“, sagte Neubaur euphorisch. Sie versprach dem Publikum sogar: „Sie können mich gerne in 15 Jahren anrufen, meine Nummer hinterlasse ich gerne. Dann werden sie mir berichten, dass in der Region neue Arbeitsplätze, ein lebenswertes Umfeld und ein attraktiver Standort entstanden sind.“

Bodo Middeldorf, Geschäftsführer der Zukunftsagentur Rheinisches Revier, warb ebenfalls für einen Bürgerrat. „Das ist uns ganz wichtig, wenn man Mitwirkung und nicht nur Bürgerbeteiligung und Information ernst nimmt. Wir wollen eine repräsentative und aktive Teilhabe.“

Auf Nachfrage aus dem Publikum erklärte Middeldorf, dass das Projekt noch im nächsten Jahr auf den Weg gebracht und 2026 an drei Wochenenden mit etwa 100 Beteiligten durchgeführt werden soll. „Wir wollen eine Auswahl, die die Bevölkerung bestmöglich repräsentiert“, sagte Middeldorf. Und Mona Neubaur fügte an: „Die Ergebnisse dieses Bürgerrats sollen uns als Entscheidungsgrundlage dienen.“ Laut Neubaur seien die kommenden fünf Jahre entscheidend dafür, wie erfolgreich der Strukturwandel verlaufe: „Wir stehen jetzt an einem Scheidepunkt.“

Das sieht auch der Gastgeber so – der bereits proaktiv gefordert hatte: „Das Netzwerk sieht zwar erkennbare Fortschritte beim Strukturwandel, fordert aber eine deutliche Neujustierung zur Stärkung der Beteiligung der Zivilgesellschaft.“ Am Kohleausstiegsdatum 2030 dürfe nicht gerüttelt werden, fordern die Bündnispartner. Dazu äußerte sich Neubaur auf der Veranstaltung nicht – in der Region wachsen allerdings die Zweifel daran, ob im Tagebau Garzweiler wirklich bereits 2030 die Bagger stillstehen.

Um den Status quo auf dem Weg zur klimaneutralen Modellregion ging es bei der Veranstaltung auch in mehreren anschließenden Diskussionsrunden. „Für das Netzwerk ,Revier wird Region‘ steht fest, dass der Strukturwandel im Rheinischen Revier unumkehrbar ist und seine Möglichkeiten mit hohem Tempo und breiter Beteiligung genutzt werden müssen“, teilte Sprecher Dirk Jansen mit. „Grundlage eines gelingenden Strukturwandels hin zu einer klimaneutralen Modellregion bleibt das Festhalten am Kohleausstieg, die Schaffung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und der Ausbau der erneuerbaren Energien.“

Mit der Installation von fast 4 Gigawatt an elektrischer Leistung der Erneuerbaren werde das im „Gigawattpakt“ verankerte Ziel für 2028 von 5 Gigawatt voraussichtlich erreicht. Dabei dürfe man aber nicht stehen bleiben. Alle verträglich zu erschließenden Potenziale müssten genutzt werden, um einen möglichst hohen Anteil zur Deckung des regionalen Bedarfs von Bevölkerung, Industrie und Handwerk beizusteuern.

Über die Nachricht eines neuen Bürgerrats waren die Teilnehmer sehr zufrieden. Das Bündnis mahnt aber auch: „Um Aufbruchstimmung zu entfachen, bedarf es mehr als Förderbescheide und Gremienbeschlüsse. Die nächsten fünf Jahre bis zum Kohleausstieg müssen zeigen, dass sich das Rheinische Revier erfolgreich zu einer klimaneutralen, nachhaltigen und lebenswerten Region mit einer neuen Identität entwickelt. Entscheidend hierfür ist auch eine bessere Beteiligung der Zivilgesellschaft.“

(cpas fbue)