Ziel und Zweck des Verfahrens:
Ergänzung des Leitbildes für Kirchseeon
Überblick über das Verfahren:
Mit Blick auf das gemeindliche „Leitbild 2040“ hat ein Bürgerrat Vorschläge entwickelt, den Ort künftig lebenswerter zu gestalten.
Verbindung zu anderen Beteiligungsprozessen:
Die Marktgemeinde Kirchseeon zieht sich beinahe schnurgerade gen München. Ein Ort mit jeder Menge Verkehr. Fast 20.000 Fahrzeuge fahren täglich durch die Gemeinde, die B 304 entlang. Eine Belastung, gegen die sich die Gemeinde langfristig einsetzen will.
Eine entsprechende Richtschnur dafür bietet der „Leitplan Kirchseeon 2040“. Ein Heft, das „die Zukunft des Ortes vielfältig und lebenswert gestalten“ soll. Der Marktgemeinderat hatte diesen „Wegweiser“ im Juni 2024 beschlossen. Neben der verkehrstechnischen Ortsgestaltung befasst sich das Leitbild unter anderem auch mit Wohnraum, Gewerbe und Klimaschutz. So soll die Kommune künftig etwa „möglichst kontinuierlich“ wachsen, bei neuen Bauprojekten „sparsam mit der Fläche umgehen“ und „Landschaftsbilder erhalten“. Aspekte, die auch Kirchseeoner Bürger befürworten.
Ideen für die Aufwertung des Ortes
Angelehnt an das Leitbild haben 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerrates zusätzliche Ideen für die Aufwertung des Ortes vorgestellt. Per Zufall war die alters- und geschlechtsdurchmischte Truppe aus dem Einwohnermelderegister ausgelost und persönlich angeschrieben worden.
Die Marktgemeinde hatte acht "Kreativaufgaben" für die Zukunftswerkstatt des Bürgerrates ausgewählt:
1. Wie könnten zusätzliche Angebote für Jugendliche aussehen?
2. Wie können Kirchseeons Seniorinnen und Senioren
noch besser am Ortsleben teilhaben?
3. Ideen, um öffentlichen Raum und Parkraumbedarf zu entkoppeln
4. Gewünschte Nutzungen und Anstoß zur Entwicklung des Bahnschwellenwerk-Geländes
5. Impulse für bezahlbare Wohnformen in allen Altersstufen
6. Mehr Attraktivität für die Ortsmitten in Kirchseeon und Eglharting
7. Zusätzliche Grünräume und Formen innovativen Begrünens in der Marktgemeinde
8. Optimierung von Gewerbe, Handwerk und Einzelhandel in der Marktgemeinde Kirchseeon
Am 25. Juni fand das Auftakttreffen des Bürgerrates statt. Am 3. und 9. Juli tagte die Losversammlung in Zukunftswerkstätten. am 19. Juli traf sich der Bürgerrat zur Bewertung und Verdichtung der gesammelten Ideen.
Am 14. Juli 2025 fand die Präsentation der Zwischenergebnisse in nicht-öffentlicher Marktgemeinderatssitzung statt. In der Woche danach gaben Mitglieder des Gemeinderates inhaltliches Feedback zu den Ideen des Bürgerrates.
Idee: Fiat Cinquecento-Treffen
Am Ende hatten die Bürgerrat-Mitgliedern aus ihrer Sicht wünschenswerte Angebote für den Ort zusammengetragen. Eine Idee ist, ein Fiat Cinquecento-Treffen auszurichten, um dem historischen Bahnschwellenwerk zu gedenken, an dem die kleinen Autos einst abgestellt und verladen wurden. Weitere Vorschläge zielen auf die Kirchseeoner Jugend ab: So spricht sich der Bürgerrat für längere Öffnungszeiten des örtlichen Jugendzentrums aus. Zugleich sieht er aber auch dringenden Bedarf bei jugendspezifischen Treffpunkten im Freien, etwa umzäunten Fußballplätzen oder Skaterflächen. Für Senioren wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger wiederum mehr „Ratschbänke“.
Der Dauerverkehr an der B 304 soll am liebsten ganz aus Kirchseeon verschwinden. Bis eine mögliche Umfahrung jedoch spruchreif ist, plädieren die Bürgerräte für mehr sichere Fußgänger-Übergänge und Verkehrskontrollen. Auf dem Gelände des Bahnschwellenwerkes könne zudem ein Kulturstadl entstehen; am alten Grundschulgelände womöglich sogar ein neuer Ortskern für Eglharting.
Vorschläge vorgestellt
Die Bürgerrat-Mitglieder hatten in der Marktgemeinderatssitzung am 28. Juli 2025 der Öffentlichkeit ihre Arbeitsergebnisse und Vorschläge zu den vom Marktgemeinderat gestellten acht Kreativaufgaben vorgestellt. Der Marktgemeinderat wird sich nach den Sommerferien zu den Empfehlungen mit dem Ziel beraten, aus diesen auch Beschlüsse zur weiteren Umsetzung abzuleiten.
Am 6. Oktober 2025 hatte der Marktgemeinderat über eine Reihe von Empfehlungen des Bürgerrates beraten und abgestimmt. Dabei wurde der Antrag zur Aufstellung eines Bebauungsplans für das Areal des ehemaligen Bahnschwellenwerks zurückgestellt, um dafür eine breite Mehrheit zu erreichen. Gleichzeitig wurde beschlossen, dass der Marktgemeinderat Leitlinien und Eckdaten als Grundlage für eine mögliche weitere Entwicklung des Geländes erarbeitet.
Beschlüsse
Jugend
Der Marktgemeinderat hatte zur Umsetzung der Bürgerrat-Empfehlungen u.a. beschlossen, beim Jugendzentrum JEK kurzfristige Verbesserungen zu prüfen und umsetzen, z.B. im Rahmen der verfügbaren Personalressourcen die Öffnungszeiten zu erweitern und interaktiver Konzepte in Zusammenarbeit mit den Jugendlichen zu erarbeiten. Ein Jugendbeirat soll etabliert werden. Die Verwaltung wurde mit der Schaffung niederschwelliger Bewegungs- und Aufenthaltsangebote, z.B. Fußballkäfig, Basketballkörbe, etc. sowie mit der Prüfung der Einrichtung von Aufenthaltsorten für Jugendliche beauftragt. Die Verwaltung soll auch alternative Lösungen für erweiterte Jugendräume sowohl in Kirchseeon als auch Eglharting entwickeln: Zudem soll es spezielle Angebote für Mädchen geben.
Seniorinnen und Senioren
In Bezug auf die Interessen von Seniorinnen und Senioren hat der Gemeinderat die Verwaltung mit der Erarbeitung eines wirtschaftlich darstellbaren Konzeptes für Senioren mit folgenden Maßnahmen unter Kooperationen mit Vereinen + Verbänden, unter Einbindung von Vertretern der Zielgruppe beauftragt:
- Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur für die Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren wie Sitzgelegenheiten oder öffentliche bzw. öffentlich zugängliche Toiletten
- Innovative Wohnformen und Generationenbegegnung:
a) Prüfung des Anwesens Münchner Straße 2, ob in einem zukünftiges Nutzungskonzept für Mehrgenerationen-Wohnen oder Alters-WGs Platz integriert werden kann
b) Konzeptentwicklung für einen "Generationen-Ort" unter Nutzung vorhandener gemeindlicher Räumlichkeiten, z.B. Cafe Zam
c) Erarbeitung eines Programms zur Förderung des Generationendialogs (z.B. Koch-/IT-Kurse, Zeitzeugen-Projekte)
d) Weitere Bewegungs- und Gesundheitsangebote prüfen - z.B. Ausweitung des bestehenden "Kaffee Zam"-Formats in Abstimmung mit dem Seniorenarbeitskreis
Verkehr
Auch die Umsetzung kurzfristig machbarer Verkehrslösungen war Thema. So hat der Marktgemeinderat die probeweise Schließung der Anzinger Straße nach dem Friedhof Neukirchen für sechs Monate ebenso beschlossen wie die Weiterverfolgung einer probeweisen Temporeduzierung auf der innerörtlichen B304 und am Spannleitenberg einschließlich Kirchseeon-Dorf und die Weiterverfolgung der Kreisverkehrslösung B304/Münchner Straße.
Weitere beschlossene Punkte
Motorisierter Individualverkehr
- Optimierung der P+R-Plätze: Prüfung eines Parkhaus-Ausbaus in Kirchseeon
- Einrichtung einer “Kiss & Ride-Zone“ in der Wasserburger Straße/Bahnhof
- Entwicklung eines differenzierten Parkgebühren-Konzepts
- Verstärkung der Parkraumüberwachung
- Prüfung und Einrichtung (temporärer) „Verkehrsberuhigter Straßen“ in Verbindung mit dem Radwegekonzept in Wohngebieten wie z. B. im Geltungsbereich des BPlanes Nr. 12 „Eisenschmid“ oder BPlanes Nr. 107 „Hubertussiedlung“, etc. (zunächst mit provisorischen Maßnahmen wie z. B. Straßenverengungen am Anfang und Ende sowie Parkierungskennzeichnungen)
Rad- und Fußverkehr
- Schaffung sicherer Querungen auf der B304
- Schulwegsicherheit: Konzept für sichere Rad- und Fußwege zu den Schulen
- Im Entwurf des in Aufstellung befindlichen Radwegekonzepts integrieren:
1. Berücksichtigung der Bedürfnisse verschiedener Nutzergruppen (Familien, Lastenräder, Sportradler)
2. Weiterverfolgung Lückenschluss Spannleitenberg-Ebersberg (mit der Ergänzung: An der Brücke 4 bis Ebersberg)
3. Beleuchtung des bahnparallelen Radwegs
4. Ausbau "Eglhartinger Weg
Öffentlicher Nahverkehr
- Schulbus-Erweiterung forcieren
- Zusätzliche Bushaltestelle zwischen Kirchseeon und Eglharting evaluieren und umsetzen
- Einrichtung eines „Mitfahrer-Bankerl“
Wohnformen
Beim Thema Wohnformen hatte der Gemeinderat die Verwaltung mit folgenden Maßnahmen beauftragt:
1. Entwicklung einer kommunalen Wohnungspolitik unter grundsätzlicher Beachtung des bereits beschlossenen Grundsatzbeschlusses zur Baulandentwicklung - insbesondere dort, wo neues Baurecht z.B. auf bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen geschaffen werden soll.
2. Gemeindliche Wohnbauten sollen soweit möglich mit Qualitätsstandards geplant und gebaut werden, bei denen Baukosten vernünftig gespart werden können.
3. Bei der Ortsentwicklung soll Wert gelegt werden auf eine ausgewogene Vielfalt in der Alters- und Sozialstruktur.
4. Angebote für ältere Bürgerinnen und Bürger:
a) Bei Baulandschaffungen bzw. neuen Bauprojekten sollen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus barrierefreie bzw. seniorengerechte Wohnungen geschaffen werden.
b) Der Erste Bürgermeister wird beauftragt sicherzustellen, dass bei der Entwicklung des Geländes des ehemaligen Seniorenzentrums am Dachsberg zu einem nennenswerten Teil (mind. 30 %) seniorengerechte Wohnungen entstehen.
c) Kooperationen mit Trägern für betreutes Wohnen entwickeln
d) bestehende Kommunikationsformate mit den älteren Mitbürgern zu nutzen, um Möglichkeiten seniorengerechten Wohnens als Alternative aufzuzeigen
e) Gemeinschaftsflächen in neuen Quartiersentwicklungen einplanen wie z.B. Nachbarschaftstreff, gemeinsame Nutzungsmöglichkeiten wie Musikraum, etc.
f) Mehrgenerationenwohnen fördern und – sobald es sich anbietet - als Pilotprojekt entwickeln.
5. Vielfältige Eigentumsformen fördern:
a) Informationen für genossenschaftliche Wohnmodelle zur Verfügung stellen
b) Bei einem dafür offenen und geeigneten Investor ein Erbbaurechtsmodell als ggf. zusätzliche Alternative zum Grundstücksverkauf verhandeln.
c) eine Mischung aus Miet- und Eigentumswohnungen ebenso in neuen Projekten über städtebauliche Verträge anstreben
6. Planungsrechtliche Umsetzung:
a) Festsetzungen in Bebauungsplänen für gemeinschaftsorientierte Wohnformen
b) Städtebauliche Verträge mit entsprechenden Verpflichtungen für Investoren
Mehr Attraktivität für die Ortsmitten Kirchseeon und Eglharting
Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung mit folgenden Maßnahmen:
1. Barrierefreie Marktplatz-Aufwertung und -belebung in Kirchseeon mit Verkehrsberuhigungskonzept und kostengünstigen Begrünungsmaßnahmen zunächst mit temporären Maßnahmen wie z.B. Fußgängerzone, Wochenmarkt, Foodtruck, Bodenschach/Bocciabahn, etc. Die Verwaltung wird ermächtigt, entsprechende externe Planungsbüros einzubinden.
1.1 Der Marktgemeinderat Kirchseeon befürwortet eine Entwicklung des Marktplatzes und beauftragt die Verwaltung entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.
2. Aufwertung des Bahnhofsgebäudes und -vorplatzes und Einbindung in die innerörtliche Zentrumsstruktur: Der Bürgermeister wird beauftragt, mit der DB entsprechende Gespräche aufzunehmen, z.B. zu Vorschlägen wie Pachtmodell für Kiosk, Café etc., aber auch zur Wiedereröffnung einer öffentlichen Toilette.
3. Ortskern Eglharting als langfristige Perspektive:
a) Standortprüfung für einen Ortskern Eglharting
b) Konzeptentwicklung in Verbindung mit der bereits laufenden Schulplanung
Ideen für kreative Grünräume
Der Gemeinderat beauftragte die Verwaltung, für die Entwicklung der kreativen Begrünung Kirchseeons ein Fachbüro zur Erarbeitung eines Grünraumkonzepts einzubinden - immer auch unter dem Aspekt, die Marktgemeinde resilienter gegen die Klimaerwärmung zu machen.
Das Konzept soll auch Vorschläge machen zu:
- Bildungsangebote im Wald
- Biotopschutz und Landschaftspflege
- Ortsbegrünung durch Bürgerbeteiligung
- Pilotprojekt grüne Fassaden
- Schulhofbegrünung
- Obstwiese als Gemeinschaftsprojekt
- Eglharting-Begrünung des Einkaufsstandortes
- Kreative Finanzierungsmaßnahmen
Optimierung von Gewerbe, Handwerk und Einzelhandel
Der Bürgerrat legt Wert darauf, dass besonders folgende Punkte angepackt werden:
- Ausbau des Industriegebiets Eglharting um großflächigen Einzelhandel: z.B. Fahrradfachhandel, Bekleidung, Kaufland etc.
- Büroflächen zur Miete auch in Kirchseeon
- Mischgebiet ausweisen
- Inklusions-Gastronomie für den zweiten Arbeitsmarkt
- Kirchseeon-Einkaufsgutschein (z.B. wie in Grafing)
Der Erste Bürgermeister wurde vom Marktgemeinderat beauftragt, diese Aspekte bei Verhandlungen und Gesprächen mit Grundstückseigentümern, Vermittlern und Investoren kontinuierlich zu platzieren.
Besonderheiten des Verfahrens und sonstige Anmerkungen:
keine Angabe